Eigentlich hätten sie schon am 3. Mai 2020 in einem gemeinsamen Gottesdienst konfirmiert werden sollen. Wegen Corona war das nicht möglich. Nun wurden die 10 Konfirmandinnen und Konfirmanden schließlich doch noch in der Friedenskirche eingesegnet. Zwar unter strengen Corona-Auflagen, in vier Gottesdiensten am 23. und am 30. August, mit jeweils nur 30 Personen, aber dennoch feierlich. Mit Masken und ohne Singen war das schon eine ungewöhnliche Konfirmation, aber dank Orgel und musikalischen Einspielungen dennoch ein stimmungsvoller Gottedienst. Und selbst das obligatorische Gruppenfoto konnte durch das Fotostudio Lengemann aus den Einzelfotos der Konfirmanden zur Collage zusammengefügt werden. Lesen Sie im Folgenden den Bericht von Sabine Seitz über die Konfirmation Ihres Sohnes Simon unter Coronabedingungen:

So wie jede Familie planten wir die Konfirmation schon lange vorher. Gleich nach Bekanntwerden des Termins 03.05.2020 wurde die Gaststätte gebucht und vorab alle Familienmitglieder informiert. „Was, Simon wird schon konfirmiert ?“ wurde ungläubig gefragt, und ich fühlte mich schlagartig alt.

Oje, es wird Familienfotos geben, aber man hatte ja noch Zeit abzunehmen, damit man in das Wunschkleid auch reinpasst.

Die Zeit verging ziemlich schnell, Dienstag Nachmittag war jetzt mit Konfer geblockt, und auch die „Konfer-Freizeit“ wurde im Kalender eingetragen. Sonntags morgens rumorte es plötzlich im Haus, da machte sich doch tatsächlich jemand auf den Weg in die Kirche, der sonst vor 10:00 Uhr kaum zu wecken war.

Alles ist durchgedacht, die Gästeliste ist vollständig und die Einladungen sind verschickt, und dann kam der Schreck Mitte März 2020:

Von einem auf den anderen Tag steht annähernd alles still. Frisör, Florist, Bücherei, alle haben geschlossen. Keine Schule, die Osterferien werden zu Hause verbracht, wenigstens spielt das Wetter mit. Jegliche Veranstaltung wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Einkaufen wird stabsmäßig organisiert, immer nur einer aus der Familie geht raus, Alltagsmasken werden genäht und zu Ostern „mit Abstand“ verschenkt.

Opa versteht nicht so Recht, warum er seinen Geburtstag nicht feiern kann, wir halten uns von der älteren Generation fern.

Die Kirchen sind ebenfalls geschlossen, in ganz Deutschland wird es vorerst  keine Konfirmationen geben. Umso länger der lock-down dauert, umso mehr macht sich Wehmut breit. Am 03.05.2020 hätten wir und 10 weitere Familien die Aufnahme unserer Kinder in die Gemeinde als vollwertiges und stimmberechtigtes Mitglied gefeiert. Über ein Jahr lang Konfirmationsunterricht soll ohne Abschluss bleiben ? Wir versuchen uns in Galgenhumor, im Gegensatz zu anderen Familien haben wir den schicken Anzug noch nicht im Kleiderschrank hängen. Wir brauchen daher keine Sorge zu haben, dass Simon aus der Festtagskleidung herauswächst.

Ab Mitte Mai werden wieder Gottesdienste in der Friedenskirche gefeiert. Nun werden im Kirchenvorstand verschiedene Modelle zur Konfirmation durchgedacht: Wie weit soll man die Feierlichkeiten verschieben? Bis in den Herbst, bis ins nächste Jahr ? Soll man Kleingruppen organisieren oder auf einen gemeinsamen Gottesdienst hoffen? Jede Gemeinde hat andere Ideen, Voraussetzungen und Möglichkeiten.

Ein Brief vom Pfarrer Muth bringt Klarheit und lädt alle Familien in die Friedenskirche zum Elternabend ein. Wir sitzen mit Masken in den Kirchenbänken und hoffen, dass es „trotz allem“ eine schöne Feier wird. Es finden sich Kleingruppen, die in den vier statt findenden Gottesdiensten zusammen konfirmiert werden. Durch den Fotografen werden die Konfis einzeln abgelichtet und eine Collage erstellt, bei der alle gemeinsam zu sehen sind. Die Termine stehen fest, am 23.08.2020 und am 30.08.2020 wird in Altenbauna konfirmiert.

Jetzt können wir erneut planen bzw. umplanen.

Die Gaststätte ist geschlossen. Also feiern wir zu Hause, aber wir bekommen nicht alle Gäste im Wohnzimmer unter. Die Verwandtschaft aus Mainz ist gerührt über die Einladung, aber der verschobene Termin passt so gar nicht in deren Planung. Von den verbleibenden 12 Gästen sind  6 Risikopatienten. Da helfen nur offene Terrassentüren. Endlich wird der Anzug gekauft, auch ein passendes Kleid wird gefunden. Vorfreude macht sich breit, die Infektionszahlen sind niedrig.

Und wie es immer so ist: Unser Sohn ist im Erzgebirge-Urlaub doch noch gewachsen. Die Godel hat die rettende Idee: coole Socken in grellem Orange.

Mitte August 2020 verbreitet das Wort „Reiserückkehrer“ wiederum Schrecken. Die Zahlen steigen stetig, Bilder von unvernünftigen Mallorca Touristen machen Sorge: Und unsere Kinder sollen nach den Sommerferien alle wieder in die Schule? Alle in einen Klassenraum? Was passiert, wenn einer aus Simons Jahrgang Corona hat? Wir haben 5 Schultage zu überstehen, und fühlen uns wie nie zuvor abhängig vom Wohlverhalten anderer. Was ist, wenn wir doch ganz kurzfristig absagen müssen?

23.08.2020: Unser Junge wird konfirmiert. Ein ganzer Berg Steine fällt mir vom Herzen. Jeder hat seine Maske mitgebracht, die Familien haben eine Teilnahmeliste abgegeben. Die ausgewählte Musik ist modern und gefühlsbetont Es wird ein sehr schöner, persönlicher Gottesdienst, man könnte fast sagen privat. Denn die restliche Gemeinde Altenbauna bleibt außen vor, obwohl ja eigentlich genau das Gegenteil der Fall sein sollte; die Einführung eines jungen Erwachsenen in die Gemeinde.

Aber die Segensworte, unsere Feier zu Hause, die Glückwünsche, und die Geschenke sind gleich. (Wobei in den Grußkarten ziemlich oft das Wort Gesundheit vorkommt….)

Alle haben sich herausgeputzt, und sitzen fröhlich an der festlich geschmückten Tafel. Ja, das Essen wäre im Restaurant schmackhafter gewesen, und Ja, wir hätten auch mehr Gäste gehabt. Und nochmal Ja, schon in extrem schwierigen Zeiten wurde IMMER im April /Mai konfirmiert. Aber eines ist sicher, jeder von uns wird sich ein Leben lang an diese Einsegnung erinnern.

Wir konnten an diesem Tag zwiespältige Gefühle spüren, Stolz, Freude und auch ein Tränchen Abschiedsschmerz vom „Kind“. Aber ein Gefühl kam unerwartet dazu, nämlich Dankbarkeit. Darüber, dass alle Menschen in unserer Umgebung vernünftig waren, Regeln einhielten und so sich selbst und uns schützten. Und noch tiefere Dankbarkeit dem Personenkreis darüber, die im Hintergrund sich Gedanken machten, wie Konfirmationen zu Coronazeiten umsetzbar sind.

Was für ein Jahr 2020! (Sabine Seitz)